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Bern - Routiniert lenkt Armin Volken seinen Bus über den 1815 Meter hohen Schweizer Malojapass auf der Fahrt von St. Moritz zum Comer See. Die Passüberquerung ist einer der Höhepunkte der Postauto-Route Palm-Express nach Italien. Auf einem Kilometer muss der Walliser das Zwölf-Meter-Gefährt sicher durch 15 Haarnadelkurven manövrieren. Seit nunmehr 100 Jahren fährt die gelbe Postauto-Flotte auch den letzten Winkel der Alpenrepublik an und meistert dabei die schwierigsten Pässe. Inzwischen sichern neben dem Linienverkehr immer mehr touristische Angebote die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.
Nach dem Ersten Weltkrieg setzte die Schweizerische Post mehr als hundert Armeelastwagen ein. Die einen wurden zu Überland-Omnibussen umgebaut, die anderen läuteten mit ihrem offenen Verdeck die Ära der berühmten Alpenwagen ein. Sie eroberten 1919 zuerst den Simplonpass, ein Jahr später die Alpenpässe San Bernardino und Julier, darauf Grimsel, Furka und Gotthard. Weitere Alpen- und Juraüberquerungen kamen im Laufe der Zeit hinzu.
Fünfmal am Tag um die Welt Von 1946 an begann mit den Drei-Pässe-Ausflugsfahrten in den Zentralalpen die große Zeit der touristisch genutzten Alpenpost. Mit aufwendigen Plakaten geschickt vermarktet, trug sie wesentlich dazu bei, den bis heute gültigen Mythos Schweiz als heiles Land von atemberaubenden Bergen und Gletschern in die Welt hinauszutragen. Die Sonderausstellung "Reisegelb - 100 Jahre Postauto in der Schweiz" im Museum für Kommunikation in Bern (noch bis 3. September) will dem Mythos Alpenpost den Alltag der traditionsreichen gelben Fahrzeuge gegenüberstellen. "Ein Bus sollte dir in die Arme passen wie deine eigene Frau", sagt Busfahrer Volken. In einer Kurve muss jeder Zentimeter der Straße bedacht und genutzt werden. Alpenpässe mit einem Fahrkünstler wie Volken zu überwinden könnte für einen Flachländer zur Leidenschaft werden. Den Abgrund im Blick, kann er sich dennoch völlig entspannt in seinen Sitz zurücklehnen und das beeindruckende Panorama genießen. "Hauptgrund, in der Schweiz Busfahrer zu werden, sollte immer das Kurvenfahren sein", meint der Walliser und schraubt sich mit seinem 380 PS starken Reisebus souverän die Serpentinen hinunter. Mit Handzeichen begrüßt er freundlich einen Kollegen in einem entgegenkommenden Linienbus. Die modernen Omnibusse des Postautodienstes sind heute von den Straßen und Alpenpässen der Schweiz nicht mehr wegzudenken. Sie verbinden selbst das letzte Bergdorf mit der Außenwelt. "Mit insgesamt 10.363 Kilometern wird ein rund dreimal so großes Streckennetz wie das der Schweizerischen Bundesbahnen erschlossen", erklärt Ayu Slamet, Marktmanagerin bei Postauto Tourismus. Über 2600 Fahrer - davon 84 Frauen - legen jährlich rund 91 Millionen Kilometer zurück. "Dies würde reichen, die Weltkugel fünfmal pro Tag zu umfahren." Spitzenreiter ist die Drei-Pässe-Fahrt
Seit der Einführung des Eisenbahngesetzes von 1996 steht das Unternehmen der Schweizer Post im freien Wettbewerb mit der Schweizer Bahn SBB und anderen Transportunternehmen. Da im öffentlichen Verkehr nach Angaben von Daniel Landolf, Leiter von Postauto Schweiz in Bern, kaum mehr Gewinne erzielt werden, soll das Geschäftsfeld Freizeit und Tourismus weiter entwickelt werden. Dafür wurde 1998 das Tochterunternehmen Postauto Tourismus gegründet. Im Angebot sind bereits sieben sogenannte Route Express Lines und mehr als 50 regionale Tagesfahrten, die weltweit reserviert werden können. So bringt der Palm-Express zwischen St. Moritz und Lugano die Reisenden in vier Stunden von den Gletschern hinunter zu den Palmen. Der neue San Bernardino Route-Express verbindet sechsmal täglich in zwei Stunden Chur mit Bellinzona. Spitzenreiter unter den Tagesfahrten ist der Klassiker der Pionierzeit, die Drei-Pässe-Fahrt in den Zentralalpen. Neben den Linienfahrten bietet das Programm mehrtägige Paket-Reisen für Individualreisende und Gruppen.
Von Heidemarie Pütz, gms, 15.2.2006 |
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